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Mensch und Hund: Das perfekte Gespann

Tag des Blindenhundes: Assistent, Freund, Augenlicht

Der 29. Januar ist der Tag des Blindenhundes, dessen richtige Bezeichnung Blindenführhund lautet. Wie die Ausbildung der Hunde abläuft, in welchen Bereichen sie ihren Halter_innen ein unbeschwerteres Leben ermöglichen und was getan werden kann, um dem Gespann aus Blindenführhund und Menschen den Alltag zu erleichtern? Der LVR hat nachgefragt.

Ein Herrchen lässt sich von einem großen Hund die Pfote geben. Im Hintergrund ein Sonnenuntergang.
Foto: Jörg Plenert / pixelio.de

Von Lydia Schmölzl

Der Tag des Blindenhundes geht auf die Eröffnung der ersten offiziellen Schule für Blindenführhunde am 29. Januar 1929 zurück. Seitdem sind die Hunde für blinde oder hochgradig sehbehinderte Menschen eine beinahe unersetzliche Stütze im Alltag und ermöglichen ihnen die Teilhabe am öffentlichen Leben ebenso wie das sichere Bewegen im Straßenverkehr.

Führen will gelernt sein: Die Hundeausbildung

Labrador Welpe
Manche Hunderassen eignen sich aufgrund ihres Temperaments besonders gut als Blindenhunde. Foto: Markus Walther / pixelio.de

Nicht jeder Hund eignet sich auch für die Ausbildung zum Blindenführhund. Dafür müssen die Vierbeiner nicht nur körperlich topfit sein, es gehört auch ein gewisses „Mindset“ dazu. „Wir schauen uns die Hunde schon im Welpenalter direkt bei den Züchtern an. Da machen wir dann einen kleinen Stresstest, um zu schauen, wie die Hunde auf unbekannte Geräusche reagieren. Zu viel Scheu ist hier genauso schlecht wie zu neugierig.

Um als Führhund später zuverlässig zu sein, brauchen die Hunde ein gemäßigtes Temperament“, erklärt Sabine Handel von der Führhundschule familiaris. Verständlich, denn natürlich wäre es fatal, wenn der Blindenhund sich vor einem vorbeidonnernden LKW erschreckt oder lieber einem Kaninchen nachjagt, als seine_n Halter_in sicher über die Straße zu leiten. Vieles wird den Hunden in ihrer etwa einjährigen Ausbildung beigebracht, trotzdem gibt es einige Rassen, die sich aufgrund ihrer Persönlichkeitsmerkmale besser für den Job eignen. „Schäferhunde, Labradore und Golden Retriever sind die Klassiker, aber auch Großpudel werden immer beliebter“, sagt Frau Handel.

Die Ausbildung der Hunde beginnt, wenn sie circa ein Jahr alt sind. Nach zehn bis zwölf Monaten intensiven Trainings sind sie soweit, vermittelt zu werden. Dann ist der Charakter des Hundes gefestigt und er wird von seinem Wesen her ruhiger und ausgeglichener. Foto: Markus Walther / pixelio.de

So finden Halter_in und Blindenführhund zusammen

Junge Frau gibt Hund ein Platz-Kommando auf einer Wiese.
In Führhundschulen lernen Hunde alles, was sie in ihrem künftigen Leben wissen müssen. Foto: Marcin Jucha / Adobe Stock

Ist die Entscheidung für einen Blindenführhund erst einmal gefallen, gilt es den passenden Vierbeiner zu finden. Die beste Anlaufstelle dafür sind Hundeschulen, die sich auf das Training von Führhunden spezialisiert haben. Dort suchen sich die potenziellen zukünftigen Besitzer_innen dann zunächst relativ frei einen Hund aus. Natürlich mit der Beratung der Ausbilder_innen. Ist der passende Vierbeiner gefunden, wird ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt, denn Blindenführhunde gelten als medizinische Hilfsmittel. Auch hier unterstützt die Führhundschule. Die Notwendigkeit muss von der Kasse festgestellt, eine Kostenübernahme garantiert werden. Immerhin kostet ein ausgebildeter Blindenführhund bis zu 30.000 EUR.

Sobald die Formalien geregelt sind, geht es an den praktischen Teil. Denn genauso wie der Hund, muss auch das zukünftige Herrchen oder Frauchen eine Ausbildung durchlaufen, um die richtigen Kommandos zu lernen und sich mit dem Hund vertraut zu machen. Das wird zunächst in der Hundeschule selbst geübt, später kommt der oder die Trainer_in dann zu der blinden Person nach Hause und übt den Umgang in der eigentlichen Wohnumgebung. Den Abschluss bildet die sogenannte Gespannprüfung, bei der ein Mitarbeitender der Krankenkasse sowie ein_e Mobilitätstrainer_in dabei sind. Wenn hier alles glatt läuft, hat ein neues Gespann endgültig zueinandergefunden.

"Enny ist wie ein Körperteil von mir"

Andrea Eberl geht mit ihrem Blindenhund Enny spazieren. Andrea lacht und trägt eine Sonnenbrille. Enny ist ein Golden Retriever und läuft im Geschirr.
Andrea und Enny beim Spaziergang. Die beiden sind perfekt aufeinander eingestellt. Foto: Tina Glombik

Andrea Eberl hat vor über 30 Jahren ihren ersten Blindenführhund bekommen und kann sich ein Leben ohne die hündische Begleitung mittlerweile gar nicht mehr vorstellen. Dabei geht es nicht nur um die alltäglichen Erledigungen, auch emotional ist die Golden-Retriever-Dame Enny, die Andrea seit 2011 begleitet, eine große Stütze.

„Natürlich gibt es auch andere Hilfsmittel. Der Stock ist eines, das die meisten Menschen kennen dürften. Darüber hinaus sind auch neuere Technologien hinzugekommen, wie ein Navigationsgürtel, der über eine App am Smartphone gesteuert wird und per Vibration anzeigt, in welche Richtung man gehen kann“, berichtet Andrea. „Das alles kann für mich aber den Blindenführhund nicht ersetzen. Enny ist wie ein Körperteil von mir. Sie ist mein Augenlicht. Mit dem Stock muss ich Hindernisse erst physisch berühren, um dann ausweichen zu können.Enny leitet mich von vorneherein herum und zeigt mir Höhenhindernisse auf Kopfhöhe an. Sie ist meine tägliche Begleiterin in jeder Sekunde und meine Freundin. Dieses innige Verhältnis können weder Navigürtel noch Stock ersetzen.“

Enny ist wie ein Körperteil von mir. Sie ist mein Augenlicht.

Andrea Eberl

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Ein Blick auf die schier unglaubliche Menge an Kommandos und Signalen, die die Hunde umsetzen können, verdeutlicht noch einmal, warum sie im Alltag der blinden Menschen so wertvoll sind. Neben den Haustier-Kommandos wie „Sitz“ und „Platz“ ist ein Blindenführhund in der Lage, zwischen 80 bis 90 verschiedenen Hörzeichen zu unterscheiden. Dazu gehören Kommandos wie „rechts, zeig Weg“ und „links, zeig Weg“ genauso wie die Aufforderung, in der Bank zum Schalter zu leiten oder im Restaurant eine nahe Sitzgelegenheit anzuzeigen. „Außerdem gibt es die sogenannte Nahzielführung“, sagt Andrea Eberl, ein Schmunzeln in der Stimme. „Das klingt ein bisschen nach Navi und im Prinzip ist es genau das. Bestimmte Wege, die ich häufig gehe, habe ich Enny antrainiert. Jetzt reicht es, wenn ich ihr zum Beispiel das Kommando ‚Zur Post‘ gebe. Dann führt sie mich dorthin, ohne dass ich unterwegs noch andere Zeichen geben müsste.“

Tipps für richtiges Verhalten

Eine Pfotenspur im Schnee
Foto: Diana Ehnert / pixelio.de

Immer wieder kommt es im Alltag von Führgespannen zu Situationen, die sie vor besondere Herausforderungen stellen. Viele davon wären vermeidbar, denn oft ist es mangelndes Wissen oder fehlende Einsicht der Mitmenschen, mit denen blinde Personen zu kämpfen haben. Immer noch wird blinden Menschen mit ihren Führhunden trotz gesetzlicher Erlaubnis häufig der Zutritt zu Restaurants, Bars oder Veranstaltungsstätten verwehrt. Andrea, die sehr aktiv in der Musikbranche ist, schreibt vor jedem Konzert die Veranstalter an und informiert sie über ihren Blindenführhund. Nicht selten muss sie sich am Abend der Veranstaltung trotzdem auf Diskussionen einlassen. Aber auch bei alltäglichen Erledigungen kommt es manchmal zu unangenehmen Situationen. Deswegen hier ein paar Tipps für den respektvollen Umgang mit einem Gespann aus Blindenführhund und Halter_in:

  • Lenken Sie den Hund nicht ab, auch nicht mit non-verbalem Verhalten. Ein Blindenführhund am Geschirr ist bei der Arbeit und muss sich ganz auf seine Aufgabe konzentrieren.
  • Bringen Sie auch Ihren Kindern bei, dass ein Führhund kein Haustier ist und nicht gestreichelt oder gefüttert werden sollte.
  • Blindenführhunde haben grundsätzlich auch dort Zutritt, wo er Haustieren verwehrt ist. Zeigen Sie Respekt und äußern Sie sich nicht abfällig über einen Blindenführhund im Café oder Restaurant.
  • Machen Sie einem Gespann auf den Gehwegen Platz.

Blindenführhunde sind Vertraute, Assistenten und Wegbegleiter, die ihren Haltern einen selbstbestimmten Alltag ermöglichen und oft zu Freunden fürs Leben werden. Deswegen steht auch für Andrea Eberl fest, wenn Enny mit ihren 12,5 Jahren bald in Rente geht, darf sie ihren Lebensabend gemütlich bei Andrea verbringen.

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