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Das LVR-Inklusionsamt und der Archäologische Park Xanten schaffen inklusive Arbeitsplätze im Museum

Ein junger Mann sitzt auf einem Traktor. Im Hintergrund sind die Säulen eines antiken Bauwerks zu sehen.
Auf dem Traktor sitzt Yannic Lamers, der sich im Archäologischen Park Xanten um die Pflege des Außengeländes kümmert. Fotos: Olaf Ostermann / LVR

Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermitteln ist eines der wichtigsten Ziele des LVR-Inklusionsamtes. Im LVR-Archäologischen Park Xanten können Menschen mit Behinderung eine Ausbildung machen. Das Museum bietet viele Möglichkeiten für unterschiedliche Fähigkeiten - Stefan begeistert sich für den Bau römischer Schiffe, Yannic liebt das Mähen der riesigen Rasenflächen.

von Charlotte Biermann

Wenn Yannic Lamers ausatmet, bilden sich kleine Wölkchen. Auf den Wiesen liegt Raureif, die ersten Sonnenstrahlen wärmen sein Gesicht. Um acht Uhr ist auf dem Gelände des LVR-Archäologischen Parks Xanten (APX) meistens nur das Gärtnerteam unterwegs.„Geh lieber ein Stück zu Seite“, rät sein Vorgesetzter Peter Altmann. Der Rhododendron hat den vergangenen Sommer nicht überlebt und muss raus. Mit einem Seil bindet Peter Altmann die Zweige an die Schaufel des Traktors. Danach fährt er langsam rückwärts, das Seil spannt sich, dann gibt es einen Ruck und der Flachwurzler ist raus.

Unbefristetes Arbeitsverhältnis statt Werkstatt

Yannic Lamers klopft mit einem Spaten die Erde von der vertrockneten Pflanze. Er hat eine Lernschwäche und einen Grad der Behinderung von 50. Noch vor sechs Jahren war er in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt. Jetzt arbeitet er in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in einem der bekanntesten Museen in NRW.

„Die Hainsimse lässt du aber stehen, die muss nicht mit raus“, erklärt ihm Peter Altmann. „Ich brauch den nicht zu unterstützen, der macht seine Arbeit wunderbar. Ich bin richtig stolz, dass ich Yannic in meinem Team habe. Er ist fleißig und immer interessiert.“

„Ich möchte das Museum inklusiver machen - sowohl nach innen als auch nach außen - sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Besucher“, so Dienststellenleiter Dr. Martin Müller. Zwei Jahre lang hat er zusammen mit dem LVR-Inklusionsamt Maßnahmen für ausbildungsvorbereitende Praktika entwickelt.

Mitarbeiter bauen Schiffe der römischen Rheinflotte nach

Ein junger Mann in einem roten Pullover lächelt in die Kamera. In den Händen hält er ein Modellschiff aus Holz.
Stefan Achterberg zeigt stolz sein Modellschiff. Foto: Olaf Ostermann

Mittlerweile ist es 10 Uhr und das Team der Werft und Holzwerkstatt ist mitten bei der Arbeit. Seit ein paar Jahren bauen die Mitarbeiter alle bekannten Schiffe der römischen Rheinflotte mit Originalmaterialien nach. Stefan Achterberg und David Janßen sind die ersten Auszubildenden in der Holzwerkstatt. Die jungen Männer stammen aus einer Fördereinrichtung und hatten bereits mehrere Praktika beim römischen Schiffbau im APX absolviert.

Stefan Achterberg erinnert sich noch gut an die Situation, die sein Leben deutlich verändert hat: „Damals haben wir in der Schule ein Schreiben bekommen, dass die Schiffsbauer des archäologischen Museums Praktikanten suchen.“ Die Lehrerin war skeptisch, weil die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel schwierig ist, aber Stefan Achterbergs Mutter hat sofort gesagt: „Ich fahre dich.“ Später hat er dann den Bus genommen. „Meine Mutter hat keine Sekunde lang überlegt, die hat gleich gesagt, das ist was für dich.“

Heute soll Stefan Achterberg das Drechseln lernen. Sein Ausbilder und Schreinermeister Stefan Haupt lacht laut auf: „Als Stefan hier anfing, wusste er gleich welchen Hobel er braucht. Ich selber musste erst mal nachgucken.“

Ausbildung von jungen Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung

Der APX und das LVR-Inklusionsamt nutzen das Projekt Schiffsbau für eine neue und langfristig angelegte Kooperation zur Ausbildung von jungen Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Stefan Achterberg und David Janßen werden nach ihrer Ausbildung im Sommer in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen.

Stefan Achterberg kann sich keinen schöneren Arbeitsplatz vorstellen. Durch seine Autismus-Spektrum-Störung beherrscht er viele Aufgaben bis zur Perfektion. Gerade in diesem Arbeitsbereich, wo es um die sehr detailgetreue Nachbildung von Schiffen und römischen Möbeln geht, ist er mit seinem Können genau richtig. Stolz zeigt er sein Modellschiff. Es ist der Nachbau der Minerva Tritonia im Kleinformat. Ein Zeugnis von 3000 Nägeln, 500 Stunden Handarbeit, von Freude und Stolz.

Auch Stefan Achterberg hat vorher in einer Werkstatt für behinderte Menschen gearbeitet. „Da habe ich den ganzen Tag nur Dübel reingeschlagen“, erinnert sich der 22-Jährige. Mittlerweile haben Yannic und Stefan ihren Führerschein gemacht. Die komplizierte Anbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist für sie kein Problem mehr. Sie nehmen einfach das Auto, eine neue Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, die sie sich vor ein paar Jahren nie hätten träumen lassen.

Ein junger Mann in einem roten Pullover bearbeitet mit einem Hammer ein Stück Holz.
Durch seine Autismus-Spektrum-Störung beherrscht Stefan Achterberg viele Aufgaben bis zur Perfektion. Foto: Olaf Ostermann

Yannic Lamers kann gleich nach Hause gehen - es ist 13 Uhr. Morgen macht er das, was er am liebsten tut: Rasenmähen. Als Besitzer eines Führerscheins darf er jetzt den Großflächenrasenmäher fahren, um die Rasenflächen von etwa 50 Fußballfeldern zu stutzen. Stefan Achterberg hingegen könnte jetzt 30 Minuten Mittagspause machen: „Der stopft sich mittags die Stullen rein und dann rennt er sofort wieder zum Modellboot, um da weiter zu tüfteln“, Stefan Haupt hat aufgehört, sich darüber zu wundern. Er nimmt seine Zöglinge so an, wie sie sind. Als Ausbilder hier braucht man Empathie, Verständnis und Geduld. Ganz besonders glücklich ist Stefan Haupt, wenn Museumsbesucher vor seinen Jungs den Hut ziehen.

Das LVR-Inklusionsamt ist zuständig für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen und Ihnen Gleichgestellter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Es bietet sowohl für Arbeitgeber als auch für schwerbehinderte Menschen unterschiedliche Unterstützungsangebote an und arbeitet mit verschiedenen Partnern zusammen. Träger des Inklusionsamtes im Rheinland ist der Landschaftsverband Rheinland (LVR).

Kontakt zum LVR-Inklusionsamt

Website des LVR-Inklusionsamtes: www.inklusionsamt.lvr.de

Sie möchten sich als Arbeitnehmer*in oder Arbeitgeber*in beraten lassen? Melden Sie sich hier: Ansprechpartnerin

Kontakt zum LVR-Archäologischen Park Xanten

Website des APX

Sie möchten sich über Arbeitsmöglichkeiten im APX für Menschen mit Behinderung informieren? Bitte wenden Sie sich an die Integrationskoordinatorin: gabriele.schmidhuber@lvr.de